Kurzfassung einer Predigt gehalten am 4. Februar 2024 in der Täufergemeinde Aebnit
Das Geheimnis des inneren Friedens
Vieles wirkt heute auf uns ein. Medien, Werbung, Gelüste etc. Und das alles will uns sagen: Das brauchst du, du musst es haben – jetzt. Und vieles kommt auch wieder raus: Tief Persönliches, aber auch Essgewohnheiten, das, was ich jetzt in dem Moment gerade tue, wird in den sozialen Medien gepostet.
Das bringt Menschen hervor, die wie «gelähmt» zurückbleiben, nicht mehr fähig, ihre Welt zu gestalten. Ohne Sinn, unglücklich und unzufrieden.
Wie wäre es nun, wenn Gott in unserem Inneren herrschen würde? Das heisst nicht, dass es uns dann einfach immer gut geht, sondern, dass wir erfüllt sind von Gerechtigkeit, Friede und Freude. Gerechtigkeit meint eine innere Stimmigkeit und Friede meint eine innere Erfüllung und Freude.
Im Hebräischen fragt man nicht: «Wie geht es dir?», sondern: «Wie sieht dein Friede aus?» Im Psalm 34, Vers 14 heisst es: «Suche Frieden und jage ihm nach.» Also nicht, ich muss dieses und jenes und das auch noch und dann erst kommt der Friede. Der kommt so nämlich nie. Ich soll zuerst den Frieden suchen. Ob ich Frieden habe, hängt davon ab, wer in meinem Inneren/in meinem Herzen herrschen darf und das entscheide ich (Römer 8, 6). Damit es aber überhaupt ein Innen gibt, das man gestalten kann, um den Frieden zu bewahren, braucht es Grenzen. Es braucht sie, damit du jemanden nach innen lassen kannst. Grenzen zu setzen und sich der Grenzen überhaupt bewusst zu sein, ist heute aber oft schwierig. Es gilt, grenzenlos zu sein, denn das verspricht uns Freiheit. Alles andere ist einengend.
Das Wunder in den Wunden Jesu
Thomas konnte nicht glauben: «Ich glaube nur, wenn ich selbst anfassen und spüren kann.» Was tut Jesus in dem Moment? Er fällt nicht mit der Tür hinein und ruft: «So, jetzt wollen wir mal zeigen, wie es läuft, wie ein richtiger Glaube aussieht.» Jesus tritt in die Mitte der Jünger, durch die «geschlossene» Tür. Das kann nur Jesus. ER tritt auch durch die geschlossene Tür ihres Herzens. Und dann bringt er Frieden (Johannes 20, 26b)! Er zeigt Thomas seine Wunden. Warum macht Jesus das?
Unsere Wunden zeigen wir nicht gerne, denn das schmerzt, es ist anstrengend. Aber was passiert, wenn wir es doch wagen, uns zu öffnen und jemand unsere Wunden mit Verständnis annehmen würde? Das tut gut, dann fühlen wir uns verstanden, geliebt. Durch unsere Wunden werden wir berührbar, sie zeigen unser Inneres. Was ist – anatomisch betrachtet – der direkte Weg in unser Herz? Die Tatsache, dass bei einer tiefen Wunde Blut heraustritt, zeigt uns die Verbundenheit mit dem Herzen. Wenn jemand seine Wunden zeigt, dann ist es oft so, dass der andere auch Bereitschaft zeigt, sich zu öffnen.
Zurück zu Thomas: Jesus zeigt ihm seine Wunden und Thomas darf sie berühren, den Finger hineinlegen. Und er erkennt: «Mein Herr und mein Gott!» In dem Moment, als Jesus Thomas seine Wunden zeigt, ja er sie berühren darf, kann auch Thomas zulassen, dass Jesus die Wunden von Thomas berühren darf. In dem Moment kann Thomas es zulassen, dass Jesus in seinem Inneren herrschen darf. Es bleibt nicht nur beim Sehen.
Wir wissen nicht genau, was Thomas bewegte, was seine innersten Schmerzen und Wunden waren. Aber wir wissen, wie Jesus damit umging: ER zeigte Thomas seine Wunden und gibt Thomas so die Möglichkeit, IHN, Jesus in sein Innerstes reinzulassen. In seine persönliche Begrenztheit, damit Jesus, der Friede in sein Herz kommt.
Ja, da können wir uns fragen, warum hatte Jesus seine Wunden nach der Auferstehung noch!? Manchmal bedeutet die Heilung der Wunden gar nicht die, dass sie danach weg sind – sondern dass sie uns noch etwas Tieferes erkennen lassen wollen. Darum, das Wunder in den Wunden Jesu. Das grösste Wunder überhaupt, dass Jesus Mensch wurde und den leidvollen Weg ans Kreuz ging und auferstand. Damit ich meine Wunden in die Wunden Jesu legen kann: «Auf dass wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt …» (Jesaja 53, 5) und dann der Friede kommt. Und ich ein Mensch werde, der strahlt (Philipper 4, 7).
In einer Welt, die von aussen übergriffig diktiert wird, die «gelähmte» Menschen hervorbringt, sind wir berufen Menschen zu sein, die aus diesem Frieden, von Innen heraus leben und Welt gestalten (Kolosser 3, 15).
Predigt:
Christian Ott, Pastor bei der Täufergemeinde Aebnit