Seit 15 Jahren betreibt ein Team der Mennonitengemeinde Brügg einen Weltladen. Er schafft eine Verbindung zum Dorf und bietet einen Begegnungsort für Menschen aus der Gemeinde und darüber hinaus.
«Wir wollten etwas machen für die Leute im Dorf, eine Verbindung schaffen», sagt Therese Geiser. Sie ist Mitglied der Mennonitengemeinde Brügg. Und als diese 2009 in einen Neubau zog, initiierte sie zusammen mit Martha Gerber, einem weiteren Mitglied der Gemeinde, in den alten Räumlichkeiten einen Weltladen. Die beiden stellten ein achtköpfiges Team zusammen, das den Laden von Grund auf aufbaute im November 2009 eröffnete. Im vergangenen Jahr feierte er bereits sein 15-jähriges Bestehen. «Martha und ich kauften beide regelmässig in einem Weltladen ein und fanden, ein solcher würde auch gut zu unserer Gemeinde passen, eben auch als Fenster zum Dorf.» Als solches funktioniert er tatsächlich. So gehören heute Menschen aus der Gegend, die nicht Teil der Gemeinde sind, nicht nur zur Stammkundschaft, sondern auch zum Team, das den Laden führt. Zu den treuen Kund:innen zählen aber natürlich auch Mitglieder der Gemeinde. «Dank der Gemeinde hatten wir von Beginn weg eine Stammkundschaft von gut 20 Personen», sagt Therese. Das sei für einen erfolgreichen Start des Ladens essenziell gewesen.
Den beiden Initiantinnen stand am Anfang auch Claro zur Seite. Das Unternehmen, das seit 1977 auf den fairen Handel von Lebensmitteln und Kunsthandwerk spezialisiert ist, bot ihnen Beratung an. Wertvolle Unterstützung erhielt das Team auch von Hansuli Gerber, der heute Mitglieder der Alttäufergemeinde La Chaux-d’Abel ist. «Er hatte bereits einen Weltladen mitaufgebaut und zeigte uns, wie man einen solchen strukturiert, welche Bewilligungen nötig sind und vieles mehr», berichtet Therese Geiser. Ein offizieller Claro-Laden wollten sie aber nicht werden. Als solcher müsse man gewisse Auflagen erfüllen, was das Sortiment angeht. «Das passte für uns nicht», sagt Therese. Glück hatten sie mit der Ausstattung: In einem Nachbarort musste der Dorfladen schliessen. Der Weltladen konnte die nötigen Möbel übernehmen. Aus der Gemeinde halfen dann noch Leute mit, dass der Laden gut angeschrieben und sichtbar wurde. Dann konnte es losgehen.




Im Angebot: Kaffee, Reis, Tee und vieles mehr
Im Angebot sind seit der Eröffnung fair gehandelte Produkte aus aller Welt. Die meisten stammen von Claro, doch es gibt auch Artikel aus der Region, etwa Kunstkarten von lokalen Frauen, Glasarbeiten von Sodbrunnen – einer Institution für Menschen mit Beeinträchtigungen – oder Holzspielzeug aus dem Atelier Passage in Port. «Den grössten Umsatz generieren wir mit Lebensmitteln wie Kaffee, Reis oder Tee. Aber auch Papeterie- und Geschenkartikel laufen gut», sagt Eliane Geiser. Auch sie ist Mitglied der Mennonitengemeinde Brügg und Teil des achtköpfigen Teams, das den Laden ehrenamtlich betreibt. Weniger gut würden teure Produkte laufen, Kleider zum Beispiel oder Schmuck. «Bei solchen Produkten erwarten die Leute ein grosses Sortiment. Wenn sie schon viel Geld ausgeben, wollen sie eine grosse Auswahl haben», erklärt Eliane. Das könnten sie nicht bieten. Das wirtschaftliche Risiko wäre zu gross. Insgesamt sei es wichtig, immer mal wieder auszuprobieren. «Lebensmittel haben da einen grossen Vorteil: Wenn etwas nicht läuft, kaufen wir vom Team es dem Laden ab und essen es einfach selbst», ergänzt sie lachend.
Seit 2018 kann man im Weltladen Kaffee und Tee nicht nur kaufen, sondern auch direkt vor Ort geniessen. In diesem Jahr übernahm das Weltladen-Team das Bistro Cambio, das 2011 von einem eigenen Team aus Mitgliedern der Mennonitengemeinde im selben Gebäude eröffnet worden war. Seitdem kümmert sich das Team um den Betrieb des Bistros und bietet während der Ladenöffnungszeiten einen Treffpunkt – einerseits für ältere Gemeindemitglieder, die gerne auf einen Kaffee und ein Schwätzchen vorbeikommen, aber auch für Menschen, die die Nähe zur Gemeinde suchen, ohne gleich an einem Gottesdienst teilzunehmen. «Ich finde es wertvoll, einen Ort anbieten zu können, an dem dreimal in der Woche jemand da ist, mit dem man unverbindlich über Gott und die Welt plaudern kann», sagt Therese Geiser. Das Bistro kann auch für private Anlässe gemietet werden. Das hat Eliane Geiser kürzlich möglich gemacht – ein Angebot, das vor allem bei Kindergeburtstagen auf Interesse stösst und weitere Kontaktmöglichkeiten schafft.

Eliane Geiser, Therese Geiser und Heiri Geiser von der Mennonitengemeinde Brügg im Weltladen.
Die Nachfrage stimmt noch immer
Im Grossen und Ganzen läuft der Laden bisher gut. «Grössere Krisen gab es bis jetzt nie und kleinere Probleme konnten wir immer gemeinsam im Team lösen», sagt Therese Geiser. Und es hätten sich immer genügend Leute gefunden, die mit anpacken. Sie geniesse die Freundschaften im Team und gemeinsam mit anderen intensiv an etwas zu arbeiten. Allerdings gibt es für die Zukunft doch auch das eine oder andere Fragezeichen: «Weltläden sind nicht mehr so sehr in Mode wie auch schon», führt Therese Geiser aus. Heute sei vielen, auch gerade jüngeren Menschen, der Naturschutz besonders wichtig und auch, möglichst lokal einzukaufen. Ein faires Produkt sei für viele heute nicht nur ein fair gehandeltes, sondern eines, das auch nicht zu weit herkommt. «Die Kundschaft ist daher heutzutage eher älter. Und wo die Reise in den nächsten 15 Jahren hingeht, ist daher nicht klar.» Im Moment stimmt aber die Nachfrage noch. Der Laden schreibt schwarze Zahlen und hat sogar Reserven auf dem Konto. «Ein Grund, warum es so gut läuft, ist natürlich auch, dass die Gemeinde zwar Miete verlangt, diese aber immer so ansetzt, dass wir sie auch bezahlen können. Dafür sind wir sehr dankbar», sagt Eliane Geiser.
Was raten die beiden einer Gemeinde, die ein ähnliches Projekt starten möchte? «Das Wichtigste ist, ein solches Projekt nicht zu unterschätzen», sagt Therese Geiser. Es brauche von Anfang an genügend Leute, die mitwirken, und dann vor allem auch Ausdauer. Und würde sie nochmals neu starten, würde sie die Zusammenarbeit mit anderen Projekten wie einem Repair-Café suchen. «Wir könnten mit einem solchen die Räume teilen. Das bringt zusätzliches Leben und auch zusätzliche Kundschaft.»
Text:
Simon Rindlisbacher